Städte am Niederrhein
Krefeld
Die am linken Ufer des Niederrheins liegende Großstadt Krefeld gehört heute als kreisfreie Stadt dem Regierungsbezirk Düsseldorf an. Aufgrund der Seidenstoffproduktion des 18. und 19. Jahrhunderts ist die Stadt auch heute noch als „Samt- und Seidenstadt“ bekannt.
Im heutigen Stadtgebiet Krefelds gab es mehrere jüdische Synagogengemeinden. Neben der Hauptgemeinde Krefeld gab es noch eigene jüdische Gemeinden in Linn, Fischeln, Uerdingen und Hüls. Bis 1702 gehörte Krefeld mit der Grafschaft Moers zur Herrschaft der Oranier. Linn, Fischeln, Uerdingen und Hüls gehörten hingegen zum Kurfürstentum Köln. Eine einheitliche (jüdische) Stadtgeschichte gibt es daher nicht.
Im 17. Jahrhundert gab es für die Stadt Krefeld, gemeinsam mit der Grafschaft Moers erstmal ein stark eingeschränktes Niederlassungsrecht für Jüdinnen und Juden. Es durften sich maximal 20 jüdische Familien hier aufhalten. Dieses Niederlassungsrecht war an die Ausübung des Metzgergewerbes geknüpft. 1665 lebten bereits drei jüdische Familien in Krefeld.
Ab 1702 unterstand die Stadt Krefeld der preußischen Regierung. Die Zahl der Jüdinnen und Juden wuchs an und 1728 lebten bereits fünf jüdische Familien in Krefeld. Fast 30 Jahre später waren es bereits zehn, mit 53 Personen, die sich allesamt durch das Metzgerhandwerk ernährten. Schon 1723 war ein jüdischer Friedhof an der Heideckstraße angelegt worden. Dieser ist heute von dem städtischen Friedhof umgeben.
Seit Mitte der 1720er Jahre hielten die Jüdinnen und Juden ihren Gottesdienst im Haus des Krefelders Mendel Meyer ab, welches heute leider nicht mehr genau zu lokalisieren ist. Eine eigene Synagoge gab es also zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Am 9.November 1764 wurde die neue Synagoge in der damaligen Juden-Kirch-Straße 44, der heutigen Mennoniten-Kirch-Straße eingeweiht. Der erste Vorsteher der Gemeinde wurde Baer Abraham Onderich aus Metz. Für diese Synagoge stiftete der Bankier Isaac Meyer zehn Jahre später eine Bank für kultische Zwecke (Beschneidung), die bis heute erhalten und bei der jüdischen Gemeinde in Krefeld ist.
Unter der französischen Herrschaft wurde Krefeld 1808 zum Sitz eines von insgesamt vier Konsistorien. Die Konsistorien sollten nach protestantischem Vorbild die inneren Angelegenheiten der jüdischen Glaubensgemeinschaft regeln. Das Konsistorium hatte u.a die Aufgabe, den Kultus zu verwalten. Krefeld umfasste insgesamt 6.218 Jüdinnen und Juden, von denen 160 in Krefeld lebten. Dennoch war Krefeld die Stadt mit der größten Anzahl jüdischer Bürgerinnen und Bürgern. Dem Konsistorialbezirk gehörten u.a. noch an Köln, Düsseldorf, Kleve, Aachen, Mönchengladbach und Viersen an. Zum Krefelder Oberrabbiner wurde Löb Carlburg gewählt. Er kam aus Bonn und blieb bis zu seinem Tod 1835 im Amt.
Bereits zum beginnenden 19. Jahrhundert wuchs die jüdische Gemeinde, insbesondere durch Samt- und Seidenhändler, sowie Krawattenhersteller stetig an. 1812 lebten bereits 196 Jüdinnen und Juden in der Stadt. Die meisten von ihnen arbeiteten als Metzger und Kleinhändler, viele waren Pferde- oder Viehhändler. Vereinzelt gab es aber auch Stoffhändlers, Bankiers oder eines Kerzenherstellers. 1844 lässt sich feststellen, dass es schon deutlich mehr Berufe gab, die von jüdischen Menschen ausgeübt wurden: Von 52 gewerbetreibenden Jüdinnen und Juden arbeiten zwar 30 im Metzgergewerbe, als Viehhändler sind jedoch nur noch zwei tätig. Jeweils fünf Juden arbeiten als Trödler und als Seidenfabrikanten, jeweils zwei als Destillateur und Krämer. Eine Jüdin ist Gastwirtin und jeweils ein Jude arbeitet als Manufakturwarenhändler, als Kerzenmacher, als Kaufmann, als Stahl- und Messingwarenhändler und als Blechschmied.
1835 wurde Dr. Lion Ullmann zum Nachfolger Carlburgs ernannt. Er war der erste akademische Rabbiner in Krefeld und verfasste die erste komplette deutsche Übersetzung des Korans. Ullmann bekleidete jedoch nicht lange das Amt des Oberrabbiners. Er verstarb bereits 1843. Sein Nachfolger wurde Dr. Löb Bodenheimer.
Noch im August des Jahres 1840 hatte der Oberrabbiner Dr. Ullmann einen Antrag zur Errichtung einer jüdischen Elementarschule –einer Vorgängerform der heutigen Grundschulen- gestellt. Dieser Antrag wurde durch Bürgermeister Leysner der Stadt Krefeld unterstützt. Ein Schullokal wurde bereits gegen Ende des gleichen Jahres errichtet. Die Schulräume befanden sich in der Lohstraße 613. Ab 1853 bezog die jüdische Schule aus Platzgründen Räumlichkeiten auf der Petersstraße 159 (heute Haus Nummer 41). 1860 erwarb die jüdische Gemeinde dann zur Unterbringung ihrer wachsenden Schülerschaft das Haus Felbelstraße 15 (später 26). Im Jahre 1865 wurde die jüdische Privatschule offiziell durch die Stadt Krefeld übernommen. Die Schule sollte dadurch den christlichen Schulen gleichgestellt werden. 1874 folgte der Verkauf des Schulgebäudes durch die jüdische Gemeinde an die Stadt.
1852 verkaufte die jüdische Gemeinde (zu diesem Zeitpunkt 500 Mitglieder) ihr Synagogengrundstück an der Juden-Kirch-Straße. Bereits 1851 hat die Gemeinde begonnen, eine neue Synagoge an der Petersstraße Ecke Marktstraße zu bauen. Die neue Synagoge war ein großer und repräsentativer Bau im klassizistischen Stil mit einer 40 m hohen Kuppel, die im Krefelder Stadtbild gleichrangig zu den christlichen Kirchtürmen hervorragte. Zum Bau der Synagoge hatten nichtjüdische Krefelder Bürgerinnen und Bürger insgesamt 2.500 Taler gespendet und damit einen großen Beitrag zum Bau der Synagoge geleistet. Die festliche Einweihung, die sich insgesamt über vier Tage erstreckte, begann am 17. Juni1853. Der Oberrabbiner Dr. Bodenheimer hielt unter Anwesenheit der Vertreter der Stadt und der anderen Konfessionen seine Festrede. Die Synagoge blieb bis zum Jahr 1902 unverändert. Danach wurde sie durch den Krefelder Architekten Johann Reck umgebaut, weil sie zu klein geworden war – die Gemeinde wuchs Die Anzahl der Ausgänge wurde erhöht und die Synagoge wurde mit einem Stuckmantel im pseudoorientalischen Stil umgeben. Der Neubau wurde am 8. Juli 1903 neu eingeweiht. Die Gemeinde war in den vergangenen Jahren stark gewachsen: Lebten 1871 noch 1085 Jüdinnen und Juden in Krefeld, so waren 1885 bereits um die 1700 – etwa 2% der Gesamtbevölkerung der Stadt ausmachte.
Dass die neuerbaute Synagoge schnell zu klein geworden war, ist nicht verwunderlich. War die Personenanzahl der jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert doch immer weitergewachsen.
Um 1900 war der jüdische Friedhof an der Heideckstraße vollständig belegt, sodass die jüdische Gemeinde neben dem kommunalen Friedhof in der Alten Gladbacher Straße ein Grundstück für einen neuen Begräbnisplatz erwarb. Auf diesem jüngeren jüdischen Friedhof wird seit 1903 bis heute noch bestattet.
Zur gleichen Zeit entstanden zahlreiche jüdische Geschäfte. Von etwa 220 neugegründeten Firmen gehörte ungefähr ¼ jüdischen Menschen. Dies galt besonders für den Textilhandel, sowie für die Seiden- und Krawattenbranche. Im Seidengroßhandel und -export waren dies zum Beispiel 25 von 70 Unternehmen. In der Krawattenproduktion hatten 14 von 42 Unternehmen einen jüdischen Eigentümer.
Im Jahr 1927 kam es zu erneuten Umbauten an der Krefelder Synagoge. Diesmal wurden sie durch den Architekten Max Sippel durchgeführt. Der fast 25 Jahre zuvor angebrachte Stuckmantel wurde abgeschlagen und bis auf den Backsteinkern entfernt. Zudem erhielt die Synagoge zwölf Glasfenster, die von Johan Thron-Prikker gestaltet worden waren. Replikate dieser Fenster zieren heute das jüdische Gemeindezentrum.
Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigte sich schon eine sinkende Tendenz in der Anzahl der in Krefeld lebenden Jüdinnen und Juden. 1925 lebten noch 1.626 jüdische Menschen in der Stadt. Aufgrund der anti-jüdischen Gesetze der Nationalsozialisten und der damit verbundenen Lebensgefahr für die Menschen versuchte viele als jüdisch erfolgte Menschen, Deutschland zu verlassen. Anfang 1938 waren es nur noch 1.481 Jüdinnen und Juden. Am Ende des gleichen Jahres nur noch 850, 1939 waren es ca. 800 Jüdinnen und Juden. Für die folgenden Jahre fehlen konkrete Zahlen.
Kurze Zeit nach dem Kriegsende 1945 lebte das jüdische Leben in Krefeld wieder auf. Etwa zehn Jüdinnen und Juden, schlossen sich zu einer (neuen) jüdischen Gemeinde zusammen. Gemeindevorsteher wurde der Seidenfabrikant Fritz Leven. Die Gemeinde traf sich zunächst in einem Privathaus in der Bismarckstraße 118. Die Häuser 116 und 118 gehörten der jüdischen Gemeinde Krefeld. Die Gemeinde wuchs erneut. Ende der 1960er Jahre hatte sie etwa 120 Personen. Diese Zahl blieb für die folgenden Jahrzehnte ziemlich konstant. Am 6.12.1964 weihte die jüdische Gemeinde einen Betsaal auf der Rheinstraße Ecke Philadelphiastraße ein, der für ca. 130 Personen Platz bot.
1973 wurde das Mahnmal vor dem Standort der ehemaligen Synagoge eingeweiht. Ilse Wolfson, geborene Meyer, deren Familie 1939 vor den Nationalsozialisten geflohen war, hatte sich bei einem Besuch ihrer ehemaligen Heimatstadt hierfür stark gemacht. Dass am Standort der ehemaligen Synagoge nichts an das niedergebrannte Gebäude erinnerte, hatte sie sehr empört. Das Mahnmal wurde 1988 umgestaltet.
Seit 1978 hatte die jüdische Gemeinde Räumlichkeiten in der ersten Etage des Hauses Wiedstraße 17 zum Umbau zu einem Betsaal angemietet. Dieser Betsaal konnte 1981 bezogen werden. Insbesondere durch den Zuzug von Jüdinnen und Juden aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion wuchs die jüdische Gemeinde ab 1990 stark an. So lebten 1995 etwa 530 Jüdinnen und Juden in der Stadt. Bis 2003 stieg die Zahl über 1.000 an.
Auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Dieter Pützhofen und der jüdischen Gemeinde war 1998 der Verein Stiftung Dr. Isidor Hirschfelder gegründet worden. Dieser Verein hatte und hat u.a. die Aufgabe ein jüdisches Gemeindezentrum in Krefeld zu errichten, die jüdische Kultur am Niederrhein zu fördern und die jüdische Geschichte am Niederrhein zu fördern.
Nachdem bereits zu Beginn der 1990er Jahre beschlossen worden war, ein jüdisches Gemeindezentrum in der Wiedstraße zu errichten, übertrug der Rat der Stadt Krefeld im Juni 2003 das Grundstück an den Verein Stiftung Dr. Isidor Hirschfelder zur Erbauung eines jüdischen Gemeindezentrums. Das Grundstück mit Gebäude sollte nach Fertigstellung der jüdischen Gemeinde übertragen werden.
Am 28. April 2004 wurde der Grundstein für die neue Synagoge gelegt. Am 7. Oktober des gleichen Jahres konnte das Richtfest gefeiert werden und im November wurde bereits mit dem Bau des Hauptgebäudes, des Gemeindesaals und des Foyers begonnen. Seit Oktober 2005 stehen der jüdischen Gemeinde die Räume im ersten Obergeschoss zur Verfügung. Das Bauvorhaben im Rohbau wurde 2006/2007 fertiggestellt. Danach übernahmen die Architekten Klaus und Piet Reymann ab März die archetektonischen Aufgaben. 2008 waren die Synagoge, das Hauptgebäude und der Gemeindesaal mit Foyer fertig gestellt. Am 14. September 2008 erfolgte die feierliche Einweihung der Synagoge und des Gemeindezentrums.
Das jüdische Gemeindezentrum beherbergt nicht nur die Synagoge. Auch ein reges „Clubleben“ findet in ihren Räumlichkeiten statt. Es gibt beispielsweise einen Senioerenclub, einen Familienclub und einen Jugendclub.
Zudem findet sich eine Bibliothek in den Räumlichkeiten des Gemeindezentrums, in dem auch Religionsunterricht erteilt wird. Darüber hinaus gibt es auch einen eigenen Chor und mehrere Sportmannschaften. Auch eine traditionelle Mikwe befindet sich im Gemeindezentrum.
Für interessierte Gruppen oder auch Schulklassen bietet die jüdische Gemeinde Führungen durch das Gemeindezentrum an.
Bereits seit einigen Jahren bemüht sich die Stadt Krefeld um eine enge Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde. So hat Oberbürgermeister Frank Meyer zum Beispiele direkt nach seinem Amtsantritt 2015 etabliert, dass die erste Kerze am Chanukka Leuchter jedes Jahr gemeinsam in großer Runde im Foyer des Rathauses entzündet wird.
Die Botschaft ist hier deutlich: Miteinander bedeutet eine lebendige Vielfalt – einander zuzuhören und voneinander zu lernen und gemeinsam für Toleranz und Zusammenhalt nach vorne blicken. Im Anschluss gibt es übrigens manchmal süße Überraschungen für alle Anwesenden, wie zum Beispiel die Sufganiot, die traditionellen Krapfen, die Rabbiner Wagner 2021 extra für alle Anwesenden aus Antwerpen einfuhr.
Chanukka findet jedes Jahr am 25. Tag nach dem jüdischen Kalender des Monats Kislew statt. Das Fest geht zurück auf das Jahr 164 v. Chr. (jüdisches Jahr 3597): Damals siegte eine kleine Gruppe gläubiger Juden gegen die griechischen Herrscher. Der syrisch-griechische Führer Antiochus Epiphanes war repressiv gegen das jüdische Volk vorgegangen und hatte versucht ihnen seinen Glauben aufzuzwingen wollen: Er ließ all jene brutal ermorden, die sich weigerten, die griechischen Götter anzubeten. Als die Makkabäer nach ihrem Sieg in den Tempel zurückkehrten, fanden sie nur noch ein Kännchen geweihtes Olivenöl – das reichte gerade, um den siebenarmigen Leuchter – die Menora- 24 Stunden lang brennen zu lassen.
Doch dann geschah das, was heute als Chanukka-Wunder jedes Jahr gefeiert wird: Der Leuchter brannte acht Tage lang – lang genug, um neues Öl herzustellen. Heute erinnern weltweit meist im Dezember der nicht-jüdischen Zeitrechnung Leuchter in den Fenstern an das Ereignis und symbolisieren damit auch ein Licht gegen Unterdrückung und Dunkelheit. Jüdische Familien entzünden acht Tage lang gemeinsam die restlichen Kerzen – dabei wird aus der Torah vorgelesen und der Vergangenheit gedacht.
Linn
Die jüdische Gemeinde der Ortschaft Linn war stets recht klein und zählte zu keinem Zeitpunkt mehr als 50 Personen. Der erste Beleg für ein jüdisches Leben in Linn stammt aus dem Jahr 1621. Danach bleiben die Zeugnisse, insbesondere für das innerjüdische Gemeindeleben, sehr spärlich. Erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum beginnenden 19. Jahrhundert gibt es konkretere Daten.
Ein jüdischer Friedhof taucht in den Quellen zum ersten Mal im Jahr 1751 auf. Er befand sich auf dem Kreuzweg. Da der Begräbnisplatz bereits 1778 komplett belegt war, überließ der Linner Magistrat der jüdischen Gemeinde das angrenzende Feldstück.
Ein erster Betraum der Linner jüdischen Gemeinde ist ab dem Jahr 1763 belegt. Er befand sich im Wohnhaus des jüdischen Linners Elias auf der damalige Kirchstraße 1a, der heutigen Margaretenstraße. Das Bethaus wurde auch durch Jüdinnen und Juden aus Lank-Latum, Fischeln und Bockum mitgenutzt.
1808 lebten in Linn elf jüdische Familien. 1824 war mit 46 jüdischen Personen bereits der Höchststand erreicht und die Anzahl der Jüdinnen und Juden in der Stadt begann zu sinken.
Im 19. Jahrhundert war Linn sehr stark durch die (nicht-jüdische) Familie de Greiff geprägt. Als Philipp de Greiff im Jahre 1861 verstarb, hinterließ er der jüdischen Gemeinde 8.000 Taler, unter der Bedingung, dieses Geld zum Bau einer neuen Synagoge zu nutzen. Trotz des deutlich formulierten Testamentes verweigerte die Regierung zunächst die Durchführung, sodass sich die Bauausführungen nach hinten verschoben. Erst 1864 konnte der Grundstein der neuen Synagoge gelegt werden. Da der Bau exakt die vermachten 8.000 Taler kostete, ist es naheliegend, dass Philipp de Greiff sein Vorhaben bereits im Vorfeld mit dem Architekten A. Heyden und den Brüdern Mendels abgestimmt hatte.
Die Synagoge, die im maurischen Stil errichtet wurde und Platz für 40-50 Personen bot, wurde im November 1865 feierlich eingeweiht. Die lokale Presse berichtete ausführlich.
Zur Jahrhundertwende lebten noch 30 Jüdinnen und Juden in Linn und ihre Zahl sank weiter. Zu Beginn des Nationalsozialismus waren es nur noch 15. Während der Novemberpogrome wurde die Synagoge in Brand gesetzt.
Der Brand zerstörte die Synagoge nicht vollständig. Die Mauern blieben stehen, um diese abzutragen wurde dem Linner Johannes Frenz, der ein Kohlegeschäft und mehrere Lastkraftwagen besaß, durch die Stadtverwaltung der Vorschlag gemacht den Schutt und die Mauerreste abzutransportieren und als Bezahlung das komplette Gelände des jüdischen Friedhofes zu erhalten. Lenz lehnte das Angebot ab und gab an, nicht genügend Personal für das Vorgehen zu haben. Zur Beseitigung der Mauerreste wurde nun durch die Nationalsozialisten eine Sprengung angeordnet. Das Friedhofsgelände musste 1942 unter dem nationalsozialistischen Druck verkauft werden.
Heute ist ein Teil des ehemaligen Synagogengeländes eine Grünanlage, die 1987 zum „Platz an der Alten Synagoge“ umbenannt wurde. Am 17.11.1985 wurde während einer Gedenkstunde feierlich eine im Boden eingelassene Bronzeplatte zur Erinnerung an die Novemberpogrome enthüllt. Sie war durch die Linner Künstlerin Dr. Marianne Kieselbach entworfen worden und war vollständig durch Spenden der Linner Bevölkerung finanziert.
2001 wurde ein Bauantrag für das ehemalige Synagogengrundstück gestellt, welches zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Denkmalliste stand. Die jüdische Gemeinde erhob keine Einwände gegen die dadurch angeordneten Ausgrabungen, mit denen das Museum Burg Linn beauftragt wurde. Die Ausgrabungen fanden im Oktober und November 2001 statt und wurden durch den Archäologen Dr. Christoph Reichmann geleitet. sehr schnell wurden hier die Grundmauern der ehemaligen Synagoge gefunden und freigelegt.
Im Anschluss an die Ausgrabungen wurde der vordere Grundstücksteil an der Rheinbabenstraße mit drei Reihenhäusern bebaut. Die bronzene Gedenkplatte wurde 2002 gehoben und in die vorgelagerte Mauer der neuen Bebauung eingelassen. Das erhaltene Synagogendienerhaus wurde 2005 saniert.
Linn hat heute kein eigenes Synagogengebäude mehr. Jüdinnen und Juden, die heute in Linn leben, gehören der jüdischen Gemeinde Krefeld an.
Fischeln
Die wenigen jüdischen Familien, die sich in Fischeln niedergelassen hatten, gehörten bis zur Mitte des 19. Jahrhundert zur Synagogengemeinde in Linn.
Dennoch existierte ein eigener kleiner Betraum seit 1848, bei dem heute aber nicht mehr festzustellen ist, in welchem Haus er sich befand. Hier konnten Gottesdienste jedoch erst Jahre später abgehalten werden, da zuvor die Zahl des Minjan (10 jüdische männliche Personen werden für einen Gottesdienst benötigt, ansonsten kann er nicht abgehalten werden) nicht erreicht worden war. Der Betraum wurde bereits vor dem 1. Weltkrieg nicht mehr genutzt.
Seit 1858 bildete Fischeln gemeinsam mit Osterath die Filialgemeinde Osterath-Fischeln von Krefeld. Verstorbene Fischelner Jüdinnen und Juden wurden auf dem jüdischen Friedhof in Linn beigesetzt.
Uerdingen
Die Stadt Uerdingen gehörte, ebenso wie Linn und Hüls in früheren Zeiten dem Erzbistum Köln an. 1940 wurde Uerdingen ein Stadtteil von Krefeld.
Die ersten urkundlichen Erwähnungen einer jüdischen Bevölkerung in der Ortschaft stammen aus den Jahren 1349 und 1368. Danach finden sich bis in das 18. Jahrhundert keine konkreten Belege für ein jüdisches Leben in der Stadt. Allgemein sind die Quellen zur jüdischen Geschichte Uerdingens gering.
Bis 1780 hatten sich insgesamt fünf jüdische Familien in Uerdingen niedergelassen. Die Zahl der Jüdinnen und Juden stieg in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich an und erreichte 1836 mit 85 Personen seinen Höchststand. Seit den 1840er Jahren besaß die jüdische Gemeinde ihre eigene Synagoge. Diese war im hinteren Bereich eines Hauses auf der Bruchstraße errichtet worden. Die feierliche Einweihung fand am 15. Oktober 1841 statt.
Zur gleichen Zeit entstand in Uerdingen ein jüdischer Begräbnisplatz. Er lag im Dreieck zwischen Duisburger Straße und alter Friedhofsstraße und wurde ab 1843/44 bis 1942 belegt.
In den folgenden Jahrzehnten sank die Zahl der Jüdinnen und Juden in Uerdingen ab. Zu Beginn der 1930 lebten noch 32 jüdische Personen in der Stadt.
Da durch die baulichen Gegebenheiten der Uerdinger Synagoge eine Brandstiftung während der Novemberpogrome nicht möglich war, wurde die Inneneinrichtung samt aller Kultusgegenstände leergeräumt, auf dem Uerdinger Marktplatz aufgetürmt und dort in Brand gesetzt. Später musste das Dach abgedeckt und die Gebäudemauern niedergerissen werden.
Das Friedhofsgelände musste die verbliebene jüdische Gemeinde 1942 auf Druck der Nationalsozialisten verkaufen. Käufer war die IG Farben (Bayer AG). Das Gelände wurde leergeräumt und überbaut, sodass der ehemalige Friedhof heute auf dem Areal der Bayer AG verschwunden ist.
1988 wurde eine Gedenkplatte an dem Standort der ehemaligen Synagoge angebracht. Jüdinnen und Juden, die heute in Uerdingen leben gehören der jüdischen Gemeinde in Krefeld an.
Hüls
Das heutige Stadtgebiet Hüls gehörte zum Teil dem Erzbistum Köln und zum Teil der Grafschaft Moers an. In beiden Teilen ließen sich jüdische Familien in etwa seit der Mitte der 17. Jahrhunderts nieder. Sie arbeiteten zumeist als Metzger oder Viehhändler, waren aber auch als Klein- und Hausierhändler tätig.
Seit Ende des 17. Jahrhunderts ist ein Bethaus für Hüls überliefert. Dieses befand sich auf der damaligen Moersischen Straße heute Klever Straße, wo auch der ältere jüdische Friedhof lag.
Zu Beginn des 19. Jahrhundert lebten in Hüls 12 jüdische Familien mit insgesamt 52 Personen. Die Anzahl der jüdischen Bürgerinnen und Bürger schwankte stieg, trotz kleiner Schwankungen, das ganze Jahrhundert über an und erreichte 1890 mit 117 Personen seinen Höchststand.
Bereits Mitte der 1840er Jahre stellte die jüdische Gemeinde die ersten Anträge zum Neubau der alten Synagoge. Diese war zu diesem Zeitpunkt vom Einsturz bedroht. Gleichzeitig sollte auch ein jüdisches Schulgebäude errichtet werden. Die Anträge wurden zunächst, aus Geldmangel, durch den Bürgermeister abgelehnt. Erst 1869 wurde schließlich ein Schulsaal für die jüdische Privatschule fertiggestellt. Der Bau der neuen Synagoge war jedoch ins Stocken geraten. Der Neubau konnte erst 1883 eingeweiht werden. Die Synagoge wurde anscheinend nicht mehr lange durch die jüdische Gemeinde genutzt. Bereits in den 1920er Jahren hatte die Gemeinde alle Kultusgegenstände an das Rheinische Museum zum Aufbau einer Judaica-Sammlung übertragen. Judaica sind Gegenstände, Texte usw. die aus dem jüdischen Leben stammen. Das können Dinge des Alltags sein, wie zum Beispiel Schüsselchen mit Davidstern versehen. Oder auch religiöse Gebrauchsgegenstände, wie die Chanukkia, der 8-armige Kerzenleuchter, der zu dem jüdischen Fest Chanukka gezündet wird.
1890 war der alte jüdische Friedhof bis auf vier verbleibende Grabstellen restlos belegt, sodass sich die jüdische Gemeinde nach einem neuen Grundstück umsehen musste. Im Mai 1891 kauften sie von Peter Jakob Klanten das Grundstück am Strathweg.
Mitte der 1920er Jahre lebten noch etwa 60 Jüdinnen und Juden in Hüls. Etwa die Hälfte von Ihnen waren im Viehhandel tätig. Jedoch wurden auch insgesamt vier Ladenlokale durch jüdische Familien betrieben. Das Möbelhaus und Haushaltswarengeschäft Rudolf Boldes, das Textilhaus Julius Friedlich, das Obst- und Gemüsegeschäft Siegfried Neugarten und das Textilgeschäft Alfred Simmenauer.
Während der Novemberpogrome wurde die Hülser Synagoge, obwohl sie nicht mehr genutzt wurde, in Brand gesetzt und vollständig zerstört. Die meisten jüdischen Familien emigrierten nach diesen Ereignissen. Die Jüdinnen und Juden, die blieben wurden deportiert.
1982 wurde am Standort der ehemaligen jüdischen Synagoge eine Gedenktafel angebracht. Die heute in Hüls lebenden Jüdinnen und Juden gehören der jüdischen Gemeinde in Krefeld an.